Direktor des Thüringer Innovationszentrums Mobilität sieht im Pionierprojekt P:Mover große Chance für Ilmenau
Der Direktor des Thüringer Innovationszentrums Mobilität, Professor Matthias Hein, sieht im Pionierprojekt P:Mover eine große Chance für Ilmenau. Seit der Umsetzung der Thüringer Gebietsreform habe die Stadt den Spagat zwischen vergleichsweise wenig Einwohnern aber einer großen Fläche zu meistern. Zum Vergleich: Wohnen in Stuttgart etwa 626.000 Einwohner auf 207 Quadratkilometern, leben in Ilmenau 38.500 Bürgerinnen und Bürger auf knapp 200 Quadratkilometern.
Zu einer der größten Herausforderungen zählt dabei die Organisation des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im ländlichen Raum, der im Gegensatz zu Ballungszentren wie Stuttgart deutlich schwieriger zu organisieren ist. Hinzu kommt, dass Ilmenau in Folge der Gebietsreform neben der großen Fläche nun zusätzlich für Ortsdurchfahrten von Kreis- und Landesstraßen zuständig ist. Vor diesem Hintergrund arbeitet das Projekt P:Mover an Lösungen für eine Mobilität der Zukunft kombiniert mit neuen Maßstäben bei der mobilen Funkübertragung von Informationen.
Möglich wird das durch die Beteiligung von namhaften Größen aus Wissenschaft und Wirtschaft: Neben der Stadtverwaltung, der Technischen Universität mit dem Thüringer Innovationszentrums Mobilität (ThIMO) gehören auch die Funkwerk Systems GmbH und die Lehmann + Partner GmbH zu den Projektpartnern. Während sich die Stadt Ilmenau von P:Mover Antworten auf drängende Fragen zur Organisation des künftigen ÖPNV erhofft, nutzen die Wirtschaftspartner Funkwerk Systems GmbH und Lehmann + Partner GmbH das Projekt, um neue Verkehrsanwendungen Richtung Marktreife zu bringen. „P:Mover ist ein Reallabor und gleichzeitig ein Türöffner für weitere Maßnahmen“, schätzte Professor Hein ein. Von den in Ilmenau gesammelten Erkenntnissen profitieren außerdem andere Kommunen in ähnlicher Lage. „Das Wohnen im ländlichen Raum ist zwar schön, aber bezüglich der demografischen Entwicklung der Bevölkerung eine Herausforderung. Wir wollen dabei helfen, Lösungen zu finden, indem wir neu gedachte Technologien in den Alltagsverkehr integrieren“, sagte der Direktor des ThIMo.
Aus Sicht von Ilmenaus Oberbürgermeister Daniel Schultheiß ist P:Mover eine konsequente und notwendige Fortsetzung des seit Juni in den Linienverkehr eingebundenen automatisiert fahrenden Campusbusses. Unter dem Namen CAMIL, einer Wortkombination aus Campus und Ilmenau, verbindet der Bus mit Automatisierungsstufe 2 den Bahnhof mit dem Universitätscampus und erfüllt neben der Personenbeförderung in einem weiteren angedockten Wissenschaftsprojekt namens KREATÖR auch den Bedarf der Wissenschaftler nach Informationen und Erfahrungen beim Betrieb hochautomatisierter Fahrzeuge.
Dass sich die Stadt ihrerseits auf den Weg gemacht hat ein weiteres Vorhaben anzustoßen, hatte seinen Ausgangspunkt in der Gebietsreform der Jahre 2018 und 2019, erinnerte Oberbürgermeister Schultheiß. Seitdem habe sich die Einwohnerzahl um rund ein Drittel erhöht – die Fläche der Stadt wuchs dabei aber auf das Dreifache an. Eine anspruchsvolle Topografie, bisweilen raue Klimabedingungen und das Ziel, den ländlichen Raum so zu entwickeln, wie die Kernstadt Ilmenau, das sind weitere Parameter für das Projekt P:Mover, so der Oberbürgermeister. „Der ÖPNV muss sich wandeln. In welche Richtung das geschehen kann, darauf soll unser gemeinsames Vorhaben Antworten geben. Wir möchten den ländlichen Raum adäquat angebunden sehen“, sagte Daniel Schultheiß. Auf den Innovationswettbewerb des Bundesverkehrsministeriums sei man deswegen aufmerksam geworden, weil es dort u.a. den Schwerpunkt Verkehr und Mobilität gab. Durch die aktuelle Mobilfunkgeneration eröffnen sich in diesem Bereich völlig neue Möglichkeiten.
Das betrifft im Fall von Ilmenau auch die Straßenzustandsüberwachung. „Das ist für uns gerade mit Blick auf die Straßen, die durch die Gebietsreform dazu gekommen sind, ein dauerhaftes Thema“, erklärte der Oberbürgermeister. Abhängig vom Reparaturbedarf wird in jedem Jahr eine Prioritätenliste für die Straßenerneuerung erstellt, für die künftig die Technik der Projektpartner Informationen liefern kann. Die gewonnenen Daten ermöglichen außerdem Aussagen zum aktuellen Zustand des Straßenbegleitgrüns, helfen bei der Auswertung des Winterdiensts und sollen bei der Verkehrssteuerung und Verkehrsbeeinflussung Maßstäbe setzen. „Kriegen wir eine grünere als die grüne Welle in Ilmenau hin?“, ist eine der Zukunftsvisionen, die Oberbürgermeister Daniel Schultheiß skizziert. Das ist auch ein Anliegen von Professor Mathias Hein: „Meine Vision heißt ampelfreie Stadt, das wird aber ohne Vernetzung nicht passieren.“