Luftbild mit Kickelhahn und Stadtpanorama von Michael Reichel (ari)
© Michael Reichel (ari)

Kickelhahn - der Hausberg von Ilmenau

Kickelhahnturm bei Ilmenau
Kickelhahnturm bei Ilmenau
© Wolfgang Kobe

Der Ilmenauer Hausberg Kickelhahn ist 861 m hoch und mit seinem 21 m hohen Aussichtsturm eines der Wahrzeichen unserer Stadt. Er liegt direkt am 20 km langen Goethewanderweg und bildet gleichzeitig dessen höchsten Punkt.

Seinen Namen hat der Berg wohl vom Auerhahn, der einst in dieser Gegend gejagt wurde. Präparierte Exemplare dieses selten gewordenen Vogels sind im Museum Jagdhaus Gabelbach, ca. einen Kilometer unterhalb des Gipfels gelegen, noch zu sehen.

Lassen Sie sich von dem herrlichen Ausblick auf die Höhen des Thüringer Waldes und dessen Vorland verzaubern. Bei klarem Wetter können Sie Ihren Blick schweifen lassen von der Schmücke und dem Schneekopf im Westen über Oberhof und den Inselsberg, nordwärts zu den drei Gleichen, nach Stadtilm und den Singerberg weiter östlich, dem Langen Berg, nach Süden und zu den Gleichbergen bei Römhild wieder westwärts.

Das Foto am oberen Seitenrand zeigt den Kickelhahn vom Hubschrauber aus fotografiert, im Hintergrund Ilmenau, Fotograf: Michael Reichel (ari) für die Serie "Heimat-Bilder" der Zeitung "Freies Wort" im Sommer 2004.

 

 

Der Thüringer Wald war früher schon ein beliebtes Ziel von Erholungssuchenden. So auch Ilmenau, das seit 1838 Bade- und Luftkurort war und eine jährlich wachsende Zahl von Kurgästen aufwies. Aber auch Natur- und Heimatfreunde der Umgebung genossen die hiesige Natur. Schon lange wurde von ihnen der Wunsch geäußert, gerade auf dem Kickelhahn einen Aussichtsturm zu errichten. Das Vorhaben konnte aber aus finanziellen Gründen nicht realisiert werden.
Erst als im Herbst 1852 der damalige Großherzog Carl Friedrich und die Großherzogin Maria Pawlowna auf dem Kickelhahn weilten und den gegenüber im Gothaischen errichteten steinernen Turm auf dem Schneekopf sahen, entschloss man sich, auf dem höchsten Berg des Großherzogtums ebenfalls einen Turm zu bauen, um den Wanderern nach allen Seiten hin die Aussicht zu öffnen. Maria Pawlowna stiftete zunächst 1.000 Taler als Grundstock für den Bau eines soliden Turms.

Mit der Leitung und Bauausführung wurde der damalige Bürgermeister Johann Christian Hertzer beauftragt. Die Turmerbauer selbst waren durchweg Einheimische, die unter großen Schwierigkeiten die Arbeit durchführten. Das Material (Steine, Mörtel, Wasser u. a.) musste auf den Berg transportiert werden. Die Wetterbedingungen waren für die Arbeiter dabei auch nicht immer günstig. Die Bausteine für den Turm lieferte der Kickelhahnberg selbst. Der Sandstein für die Verzierungen wurde zwischen Ilmenau und Martinroda gebrochen.

Am 8. Mai 1854 fand die feierliche Grundsteinlegung statt. In den Grundstein selbst soll eine Kapsel mit Urkunden, Gedenkschriften, damals gültigen Münzen und sonstigen Erinnerungsstücken eingelassen sein.

Der Turmbau ging ob der guten Witterungsbedingungen zügig voran. Nach Maßgabe der Zeichnung sollte der Turm im byzantinischen Stil ausgeführt werden, rund und von unten in konischer Form gehalten sowie mit einer Balustrade und vier Altanen versehen sein.

Bereits im Oktober 1854 ging der Turm seiner Vollendung entgegen. Im Frühjahr 1855 wurde die hölzerne Wendeltreppe angelegt, die Zinne erhielt eine gut verschließbare Falltür und der ganze Turmboden einen schützenden Beschlag aus Zinnblech. Der Bau kostete insgesamt 2.200 Taler.

Der Bewohner des Gabelbachhäuschens, der Forstaufseher Kilian Merten, wurde am 12. Mai 1855 zum Turmwart bestimmt. Mit diesem Datum verbindet man die offizielle Einweihung des Turmes. Da keine weiteren Aufzeichnungen diesbezüglich vorliegen, ist anzunehmen, dass es auf Grund des schlechten Wetters zu keiner großen Feierlichkeit gekommen ist. Das 25-, 50-, 75-, 100- und 125-jährige Jubiläum des Kickelhahnturmes wurde stets feierlich begangen.

Der Kickelhahnturm hatte von Anfang an einen Turmwart. Der erste war der oben genannte Kilian Merten, der sein Amt bis 1884 ausübte. Ebenso bekannt waren der legendäre Karl Brommer, Georg Wiegand und Gerhard Heyn, die anfangs unter sehr schwierigen Bedingungen die Wanderer betreuten. Seit 1989 versieht Klaus-Dieter Herzer seinen Dienst in der Bergbaude auf dem Kickelhahn für die zahllosen in- und ausländischen Besucher von Turm und Raststätte.

Den Besuchern des Turmes wurde die Gelegenheit gegeben, sich in das Turmbuch einzutragen. Das erste Turmbuch befindet sich im Ilmenauer Museum. Bereits im ersten Jahr seines Bestehens trugen sich 865 Personen ins Turmbuch ein. Rechnet man die Besucher, die sich nicht eingetragen haben, dazu, so waren im ersten Jahr des Bestehens des Turmes über 1.000 Menschen vor Ort - ein Zeichen des Wohlgefallens unter der Bevölkerung.

100 Jahre später - 1955 - statteten bereits 10.000 Menschen dem Kickelhahnturm ihren Besuch ab.

Am 12. Mai 2005 wurden es 150 Jahre, dass der Kickelhahnturm der Öffentlichkeit übergeben wurde. Eine Tafel am Turmeingang, die anlässlich des 50. Turmjahres vom Thüringerwald-Verein angebracht wurde, erinnert noch daran.

Während seines 150-jährigen Bestehens erfuhren der Kickelhahn und sein Turm viele Veränderungen und Erhaltungsmaßnahmen. 1953 wurde eine Schutzhütte als Raststätte für etwa 60 Personen zur Unterkunft bei Witterungsunbilden geschaffen. Des Weiteren wurden das Wärterhäuschen erweitert, der Turm ausgebaut, eine Baracke aufgestellt, die sanitären Einrichtungen verbessert und alle Bauten mit Blitzschutzanlagen gesichert. Die schwierigen Versorgungsverhältnisse verbesserten sich 1969 mit dem Bau einer Wasserleitung. In jüngster Vergangenheit verhalfen Sanierungsmaßnahmen dem Turm zu neuer Stabilität und den Besteigern zu größerer Sicherheit. Im Umfeld des Turmes entstand eine neue Aussichtsplattform gen Westen zu. Zahlreiche neu aufgestellte Sitzgruppen laden die Wanderer zum Verweilen ein.
Im Laufe der Jahre haben sich die Beweggründe zum Besteigen des Ilmenauer Hausberges etwas geändert. Einst wurde gewandert und die Natur und Landschaft sowie die Ruhe genossen. Heute stellen zwar auch noch die Wanderer die Hauptbesuchergruppe des Berges dar. Ihnen gesellen sich die Kulturinteressierten hinzu. Auf Goethes Spuren wandernd, meist über den Goethewanderweg, kommen sie nicht umhin, das Goethemuseum im Jagdhaus Gabelbach und das berühmte Goethehäuschen auf dem Kickelhahn aufzusuchen. Aber auch Traditionsveranstaltungen, voran das Kickelhahnfest, locken sehr viele Besucher auf die fast 900-Meter-Höhe. Es geht dort oben zu jeder Jahreszeit auch ordentlich sportlich zu. Da wird neben den Wandern auch Ski gefahren, gerodelt, gewalkt, Bergläufe veranstaltet, "Bierathlons" u. a. m. ausgetragen.

Unter den Besuchern des Kickelhahnes sind auch heute noch viele, die die 107 Stufen im Inneren des Turmes erklimmen und ihren Blick in die herrliche Landschaft schweifen lassen.

Hier sind die Worte des Türmers Lynkeus in Goethes Faust erst richtig nachzuempfinden:

Zum Sehen geboren, zum Schauen bestellt,
dem Turme geschworen, gefällt mir die Welt.
Ich blick in die Ferne, ich seh in der Näh´
den Mond und die Sterne, den Wald und das Reh.
So seh ich in allen die ewige Zier,
und wie mir´s gefallen, gefall ich auch mir.
Ihr glücklichen Augen, was je ihr gesehn,
es sei, wie es wolle, es war doch schön

Seit 2004 wird die Jagdanlage auf dem Kickelhahn bei Ilmenau von den Ilmenauer Bodendenkmalpflegern in Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie ausgegraben. Im Jahre 2007 wurden die bis dahin freigelegten Grundmauern witterungsbeständig gesichert.


Die erste urkundliche Erwähnung eines „Schießplatzes" auf dem Kickelhahn stammt aus dem Jahr 1591. Eine intensivere Nutzung in den dreißiger Jahren des 18. Jh. erfolgte durch den Weimarer Herzog Ernst August (1688-1748), der für seine Jagd- und Baulust bekannt ist. Das Gebiet um Ilmenau war ein bevorzugtes Jagdrevier des Weimarer Hofes. Da der Herzog gleichzeitig auch das alte Jagdhaus Gabelbach nutzte, müssen die Anlagen Kickelhahn und Gabelbach wohl in Verbindung gesehen werden. Nach dem Tod des Herzogs wurde die Jagdanlage vermutlich nicht mehr genutzt und verfiel.
Die nun teilweise wieder freigelegte Anlage am Goethewanderweg bestand aus einem Pirschhaus mit Keller, von dem aus drei in die Erde gegrabene Pirschgänge von 70 bis 90 m Länge abgingen. Sie sind als Gräben auch heute noch deutlich sichtbar und endeten in ausgemauerten Jagdschirmen. Hier wartete der Herzog mit seinem Gefolge, um das durch Fütterungen und Salz angelockte Wild zu erlegen.

Die Ilmenauer Anlage auf dem Kickelhahn ist nur klein im Vergleich zu dem wohl eindrucksvollsten Bau dieser Art in Thüringen, dem sogenannten Rieseneck bei Hummelshain (Saale-Holzland-Kreis). Aber auch sie bietet durch ihre Lage und die umgebende Freifläche eine sehr gute Möglichkeit, sich mit etwas Phantasie in die Zeit vor fast dreihundert Jahren zurück zu versetzen und den Ablauf einer prächtigen Hofjagd vorzustellen. Nur zwei weitere, aber lediglich als Bodendenkmale bekannte Jagdanlagen mit Pirschgängen sind in Thüringen bekannt, der Jagdstern südlich von Ettersburg bei Weimar und Pirschgänge am ehemaligen Schloss „Hirschruf" bei Blankenhain, Landkreis Weimarer Land. (Dr. Ralf Irmer 2010)

Nachbau eines Jagdschirms

Ein Jagdschirm war ein in Holzbauweise überdachter Anstand, der für den herrschaftlichen Jäger vom Wild unbemerkt, durch einen als Graben gestalteten Pirschgang erreichbar war. Diese Gräben waren teilweise mit Holz ausgekleidet und abgedeckt. Um den Jagdschirm befanden sich Äsungsflächen mit Fütterungen und Salzlecken, zu denen das Wild angelockt wurde. Aus geringer Distanz konnten die Jäger das Wild beobachten und entsprechend der Reichweite ihrer Waffen waidgerecht erlegen.
Die Ausgrabungen in den Jahren 2008/2009 ergaben einen achteckigen Grundriss des Jagdschirmes. Holzabdrücke des Schwellbalkens im Mörtel weisen auf einen möglichen Fachwerkbau aus dem 18. Jahrhundert hin. Weitere Informationen zum Jagdrevier Kickelhahn finden Sie im Museum Jagdhaus Gabelbach.

Jagdschirm auf dem Kickelhahn
Jagdschirm auf dem Kickelhahn