Hennebrunnen mit Osterschmuck
© Wolfgang Kobe

Stadt Ilmenau beteiligt sich an Weiterentwicklung des kommunalen Gebärdensprach-Avatars

kommunaler Gebärdensprach-Avatar
© Stadtverwaltung Ilmenau

Die Stadt Ilmenau setzt seit dieser Woche den kommunalen Gebärdensprachen-Avatar auf ihrer Internetseite ein und beteiligt sich auf diese Weise mit Praxiserfahrungen an der Weiterentwicklung des digitalen Dolmetschers. Zu finden ist das neue Angebot in der Kopfleiste auf der Startseite www.ilmenau.de über das Symbol für Deutsche Gebärdensprache (DGS). „Die Einführung des Gebärdensprach-Avatars in Ilmenau ist nur ein erster Aufschlag. Mir ist bewusst, dass die Funktion noch einige Schwachstellen hat. Das System befindet sich in einer Beta-Phase, das heißt das noch nicht alle Gebärden perfekt sind und es unter Umständen auch noch zu Verständnisproblemen kommen kann. Indem wir aber im Praxistest des Prototyps Erfahrungen sammeln, können wir an das Unternehmen Hinweise zur Verbesserung und Vorschläge für die weitere inhaltliche Ausgestaltung liefern. Ich möchte alle betroffenen ermuntern, sich bei mir zu melden, sollten Sie Fragen oder Anregungen für uns haben.“, sagte Ilmenaus Inklusionsbeauftragter Philipp Schiele.

Beim neuen Internetauftritt der Stadt Ilmenau seit Mitte Februar 2021 wurde zunächst darauf geachtet, dass alle Informationen barrierefrei zugänglich sind. Dazu zählen die Vergrößerung der Schrift, eine kontrastreiche Darstellung und das Vorlesen von Seiteninhalten. Nun ist die Darstellung ausgewählter Seiten mittels Videos in Deutscher Gebärdensprache als nächster Schritt hinzugekommen. Denn viele Gehörlose haben Schwierigkeiten, geschriebenen Text zu verstehen. Sie bedienen sich stattdessen der Gebärdensprache. Im Internet kann dabei ein 3D-Gebärdensprach-Avatar helfen, der im Projekt „AVASAG“ (Avatar-basierter Sprachassistent zur automatisierten Gebärdenübersetzung ) entwickelt wird, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird.

Die durch Künstliche Intelligenz entstandenen Kurzvideos mit Gebärdensprache sind zunächst für die Themen Barrierefreiheit, Datenschutz sowie Kontakte und Öffnungszeiten der Stadtverwaltung Ilmenau online. Ein weiterer Ausbau ist geplant: „Langfristig ist das Ziel, einen dynamischen Gebärdensprach-Avatar zu entwickeln, der mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) jeden Text in Gebärdensprache ausgeben kann. Die Daten, die wir mit Kommunen bei dem Auf- und Ausbau des Baukastens sammeln, machen das langfristige Ziel erst möglich“, heißt es beim verantwortlichen Unternehmen Charamel GmbH. Eine echte vollumfängliche digitale Teilhabe für Gehörlose ist aktuell nicht möglich.

Die Kosten für ein professionelles Gebärdensprachvideo beginnen bei ca. 3.500 EUR. Für eine Darstellung der wichtigen Inhalte auf den Seiten einer Gemeinde im Video liegt der finanzielle Aufwand schätzungsweise bei Kosten ab 50.000 Euro. Die am Anfang höheren Kosten bei der Ersterstellung der Inhalte im Vergleich zu einem Gebärden-Video sollen durch den Einsatz von Bausteinen und dadurch einfache Änderungen, Anpassungen und Aktualisierungen langfristig um ein Vielfaches günstiger werden. Gebärden-Videos ohne Künstliche Intelligenz müssten hingegen immer wieder neu erstellt werden. Für die Kommunen ist angedacht, Inhalte zentral aufzuarbeiten und Prozesse zu vereinfachen. In den Behörden und öffentlichen Stellen gibt es landes- und bundesweit ähnliche Prozesse und Hinweise, so dass eine modulare Gebärdenübersetzung für Kommunen sinnvoll ist. Diese Module sind dann nach der Produktion in einem variabel nutzbaren Baukasten direkt einsetzbar.

„Das Thema digitale Barrierefreiheit wird immer wichtiger, um Menschen mit Handicap die Teilhabe am öffentlichen Leben zu ermöglichen. Der Anspruch einer modernen Kommune muss es sein, sowohl im Alltag als auch auf Serviceebene Hürden aus dem Weg zu räumen“, sagte Oberbürgermeister Daniel Schultheiß.

Zum Hintergrund: Es wird geschätzt, dass ca. 80.000 Menschen in Deutschland gehörlos sind 1. Die Mehrheit gehörloser Menschen kann am digitalen Leben nicht oder nur bedingt teilhaben, da für sie Textsprache eine Fremdsprache ist. Sie können nicht oder nur schlecht lesen. Unternehmen und Behörden können ihr Angebot nur zeit- und kostenaufwendig um barrierefreie digitale Angebote erweitern. Eine echte digitale Teilhabe ist so nur bedingt möglich. Hier treffen die Seiten von 965 Behörden 2, 10.786 Gemeinden 3, 3,02 Mio. Unternehmen 4 auf nur ca. 800 Gebärdendolmetscher in Deutschland.

  1. http://www.gehoerlosen-bund.de/sachthemen/statistik%20der%20gehoerlosen%20menschen
  2. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1128113/umfrage/bundesbehoerden-in-deutschland-nach-behoerdenart/
  3. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1254/umfrage/anzahl-der-gemeinden-in-deutschland-nach-gemeindegroessenklassen/
  4. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/246358/umfrage/anzahl-der-unternehmen-in-deutschland/
05.03.2024